2D-Pilotseismiken: Ende Juli wird auch Bottrops Norden seismisch gemessen

Nordrhein-Westfalen sieht in der Nutzung von klimafreundlicher Erdwärme eine wesentliche Säule der Wärmewende. Der von der Landesregierung vorgestellte Masterplan Geothermie NRW beinhaltet ein Explorations- und Bohrprogramm zur Erkundung des tieferen Untergrundes von NRW. Denn dort gibt es Gesteinsschichten, die sich für eine Erdwärmegewinnung eignen könnten. Diese sollen durch seismische Untersuchungen erkundet werden. Erste Pilotmessungen im Rheinischen Revier, im nördlichen Ruhrgebiet und im Osten von Köln dienen dazu, die Messparameter für künftige Untersuchungen zu optimieren.

Erdwärme steht witterungsunabhängig zu jeder Tages- und Jahreszeit zur Verfügung. Sie kann große Energiemengen bei wenig Flächenbedarf liefern, ist lokal verfügbar, preisstabil, nachhaltig und klimafreundlich. Deshalb ist sie eine wichtige Säule für eine erfolgreiche Wärmewende – gerade auch in Nordrhein-Westfalen mit seinem hohen Wärmebedarf für Haushalte und Industrie sowie vielen bestehenden Fernwärmenetzen. Der Masterplan Geothermie NRW zeigt auf, wie die Erschließung von Erdwärme innerhalb der kommenden 20 Jahre auf 24 bis 33 Terrawattstunden pro Jahr ausgebaut werden soll.

Ein wichtiger Bestandteil des Masterplans ist das Explorations- und Bohrprogramm, mit dem das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIKE NRW) den Geologischen Dienst NRW (GD NRW) beauftragt hat. Ziel ist es, genauere Informationen über den geologischen Aufbau des tiefen Untergrundes zu erhalten und öffentlich bereitzustellen. Die Erkundung hat geeignete wasserführende Gesteinsschichten im Fokus, die benötigt werden, um die regenerative Wärme aus der Tiefe nutzen zu können.

Vibrationsseismik – ein Ultraschallbild der Erde
Das Verfahren der Vibrationsseismik wurde entwickelt, um ohne Bohrungen den tiefen Untergrund zu erkunden. Messfahrzeuge (Vibro-Trucks) senden über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte Schwingungen in den Untergrund, die durch die verschiedenen Gesteinsschichten in der Tiefe unterschiedlich stark reflektiert werden. An der Erdoberfläche werden diese Reflexionen aufgezeichnet. Aus den Geodaten können dann zweidimensionale Abbilder des Untergrundes erstellt werden – ähnlich einem Ultraschallbild.

So hat der GD NRW bereits das zentrale Münsterland, das Rheinland und den unteren Niederrhein erkundet. Für 2024 steht die Region Ostwestfalen-Lippe im Fokus. Die Ergebnisse stehen der Öffentlichkeit frei zur Verfügung. Städte und Stadtwerke in den schon erkundeten Regionen bauen bereits auf den gewonnenen Erkenntnissen auf, um ihre geothermischen Potenziale für sich nutzbar zu machen.

Pilotseismik optimiert die Messparameter
Mit der 2D-Pilotseismik untersucht der GD NRW im Juli und August 2024 welche Messparameter – Signalstärke, Dauer der Vibrationen, Abstand der Geophone und Messpunkte – für welche Untergrundbeschaffenheit am besten geeignet sind. Die Erkenntnisse helfen dabei, künftige seismische Messungen zu optimieren. „Verschiedene geologische Strukturen antworten auf unsere Schallsignale mit unterschiedlichen Reflexionen“, sagt Dr. Ulrich Pahlke, Direktor des GD NRW. „Je nach Untergrund benötigen wir aber auch entsprechend angepasste Messparameter, beispielsweise was die Signalstärke oder die Dauer der Vibrationen angeht.“

Bei den Pilotseismikmessungen bleiben die Vibro-Trucks an jedem Messpunkt drei bis vier Minuten stehen und vibrieren in unterschiedlicher Stärke und Dauer. Die Schwingungen sind in der unmittelbaren Nähe der Fahrzeuge deutlich spürbar und die Motorengeräusche nehmen während des Messvorgangs zu. Außerdem kann es durch den langsam fahrenden Konvoi aus drei bis vier Fahrzeugen zu kurzzeitigen Verkehrsbehinderungen kommen.

„Wir bitten die Anwohnerinnen und Anwohner um Verständnis für die Unannehmlichkeiten“, erklärt Dr. Tobias Fritschle vom GD NRW. „Oberste Priorität bei der Planung der Messlinien hat für uns die Sicherheit von Gebäuden und sensibler Infrastruktur. Dazu zählen Brücken, unterirdische Leitungen, Wasser- und Naturschutzgebiete und denkmalgeschützte Gebäude. Zur Sicherheit kontrolliert unser Messtrupp außerdem mit Bodenschwing-Messungen, dass die Vibrationen stets unterhalb der festgelegten Normwerte bleiben.“

Wo wird gemessen?
Geplant sind sechs kurze Messlinien mit insgesamt 24 Kilometern Gesamtlänge: im nördlichen Ruhrgebiet, im Rheinischen Revier und im Osten Kölns. Die Messungen werden in jedem Gebiet etwa vier bis acht Tage dauern.

Hintergrundwissen: Hydrothermale Geothermie
Bei der hydrothermalen Geothermie wird Tiefenwasser genutzt, das durch eine Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt wird. Dort gibt das heiße Wasser seine Energie über Wärmetauscher an den Energieverbraucher – beispielsweise ein Fernwärmenetz, einen Industriebetrieb oder ein 
Gewächshaus – ab und wird anschließend wieder in die Tiefe geleitet.
Die hydrothermale Geothermie ist deutlich vom Fracking abzugrenzen, denn es werden keine Gesteine mit Druck aufgebrochen. Da das Tiefenwasser nach der Wärmenutzung wieder vollständig in den Untergrund zurückgepumpt wird, kommt es auch zu keiner Volumenänderung.

Alle Informationen auf der Webseite
Auf www.seismik.nrw.de stellt der GD NRW umfangreiche Informationen über die Ziele und die Technologie bereit. Zudem werden die Ergebnisse der Messungen im Münsterland, im Rheinland und am Niederrhein sowie die neue Seismikkampagne Ostwestfalen-Lippe vorgestellt. Außerdem sind 
Informationen zur geplanten Forschungsbohrung in Krefeld zu finden.

(c) Text: Stadt Bottrop, Symbolbild: Wir lieben Bottrop

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