Historische Postkarten geben Einblicke in Grußbotschaften aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Eine Ausstellung des Stadtarchivs zeigt, was Menschen sich geschrieben haben, als es noch kein Smartphone gab. „Grüße aus Bottrop“ präsentiert historische Ansichtskarten aus der Sammlung von Jörg Wingold. 85 Postkarten, die in den Jahren von 1898 bis 1942 von Bottrop aus in alle deutschen Städte, nach Frankreich und Holland verschickt wurden, hat Wingold in Kleinarbeit auf Flohmärkten und über das Internet zusammengesammelt. Vor seinem Tod im Jahr 2022 hat er seine Sammlung sogenannter Ephemera mit Bottrop-Bezug dem Stadtarchiv überlassen. Neben Bierdeckeln, Plastiktüten und Flyern gehören zur Sammlung 3.000 Postkarten von denen jetzt ein kleiner Teil im Kulturzentrum zu sehen sind.
Die bis zum 23. Dezember zu sehende Ausstellung ist eine Zeitreise in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Thematisch gegliedert, sind die Postkarten großformatig auf Poster abgebildet. Motive sind beispielsweise Zechen, Gaststätten, Rathaus und Jungengymnasium, dem heutigen Kulturzentrum. Sie zeigen, was damals sehenswert war und Modernität widerspiegelte. Die sich rasant entwickelnde Stadt, präsentierte sich als Arbeitgeber und Ausflugsziel.
Einen besonderen Reiz machen die Grußbotschaften der Postkarten aus. Für die Ausstellung wurden die Texte transkribiert. „Die Rückseiten zeigen, was die Leute damals gedacht und geschrieben haben“, sagt Stadtarchivarin Heike Biskup. Wie ein Blitzlicht, beleuchten die Texte einen Moment aus dem Leben der Schreiber. Da geht es um Wetter, Gesundheit und Reiseeindrücke. Den Ausstellungsbesuchern bleibt es überlassen, sich dazu passende Hintergrundgeschichte zu imaginieren. Die konsequente Übernahme der Texte offenbart auch die Tücken der Rechtschreibung, die die Menschen bereits vor einhundert Jahren stolpern ließen.
Einige Postkarten zeigen, wie sich historische Ereignisse im Alltag niederschlugen. Der erste Weltkrieg gehört dazu, sowie die Ruhrbesetzung und die „Holland-Mädchen“, die während der 1920er Jahre im Nachbarland Arbeit fanden. Die Postkarten waren ein einfaches Mittel, Kontakt zu halten „und einfach mal ‚Hallo‘ zu sagen“, so die Stadtarchivarin.
Die Ausstellungsposter hat die Grafikerin Stephanie Klein gestaltet. Durch eine großzügig und platzgreifende Gestaltung wird es den Besuchern leichtgemacht, den Blick für Details zu öffnen. Einzelne Postkarten werden in der Ausstellung im Original gezeigt. Die mittlerweile teuer gehandelten Sammlerstücke zeigen Besonderheiten. So sind in Postkarten Leporellos eingearbeitet, auf denen weitere Stadtansichten gezeigt werden, die auf der Karte keinen Platz hatten.
Mit der Ausstellung erinnert Heike Biskup an Jörg Wingold, der in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden wäre. Seine über 8.000 Stücke umfassende „Bottropika“-Sammlung hat er noch zu Lebzeiten dem Stadtarchiv überlassen hat. Sie ist ein umfangreicher Fundus für künftige Ausstellungen.
(c) Text & Fotos: Stadt Bottrop