Der „Signing Day“ ist im amerikanischen College-Sport ein Tag, der aufwändig medial zelebriert wird, angehende Basketball- oder Footballstars inszenieren sich selbst, um der Entscheidung, welche Universität sie besuchen, die größtmögliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Nicht ganz so pompös, aber nicht minder eindrucksvoll gestaltete sich dieser Tag für Lea Tschamler, ehemalige Wirtschaftsgymnasiastin der 1W17A am Berufskolleg der Stadt Bottrop. Sie gehört zu den Auserwählten, die im Rahmen eines Sportstipendiums der Atlantis University in Miami sowohl einen Wirtschaftsstudiengang studieren, als auch die Universitätsfarben des Frauen-Fußballteams repräsentieren dürfen. Zu verdanken hat sie dies natürlich ihrem fußballerischen Talent, das jahrelang bei Blau Weiß Fuhlenbrock gefördert wurde, aber auch ihrem Fleiß und Engagement während ihrer gymnasialen Ausbildung am BKB.
Um sich den USA-Traum zu erfüllen, hat sich die mittlerweile zwanzigjährige, gebürtige Bottroperin bei einer Stipendienagentur beworben, über die sie dann in ein Soccer-Programm aufgenommen wurde. Teil dieses Programms war unter anderem ein Sichtungstraining in Saarbrücken, bei dem Scouts diverser amerikanischer Universitäten das Können zahlreicher Kickerinnen begutachteten. Und da hat sie wohl einen absoluten Sahne-Tag erwischt: „Dass ich mich gegen zahlreiche Bundesliga-Spielerinnen und Hochbegabte aus Nachwuchsleistungszentren durchsetzen konnte, kam für mich schon etwas überraschend“, gibt sich Tschamler bescheiden, aber überglücklich. Denn: Direkt im Anschluss flatterten gleich mehrere Angebote verschiedener Universitäten ins Hause Tschamler, so dass sich Lea die Uni sogar aussuchen konnte. „Ich habe mich nach intensiven Überlegungen bewusst für die Atlantis University in Miami entschieden, weil ich es total spannend fand, Teil der ersten Frauenfußballmannschaft dieser Universität zu sein.“
Zusammen mit 17 Mädchen aus Nord- und Südamerika sowie Spanien trainiert sie nun jeden Morgen von 8 bis 10 Uhr. Darüber hinaus muss sie so oft trainieren, wie sie kann, lässt dafür andere Freizeitangebote liegen, rafft sich nach dem Lernen nochmals auf: „So viel Zeit wie hier habe ich noch nie im Kraftraum verbracht“, lacht Lea. Hinzu kommen bis zu drei Spiele pro Woche, die in ganz Florida stattfinden, teils mit Anreisen von bis zu 10 Stunden. „Am Härtesten ist aber das Training am Strand, das kommt der Hölle sehr nah“, so Tschamler.
Gute Leistungen auf dem Platz und harter Trainingsfleiß sind aber nicht alles, was sie aufbringen muss, um dauerhaft ihren Aufenthalt in den USA respektive ihren Studienplatz zu sichern. „Ich muss sehr darauf achten, wie ich die Universität nach außen repräsentiere. Klar, keine Drogen, Waffen oder Gangs, aber auch keine Partys in Sportkleidung der Uni, außerdem strenge Social-Media-Regeln“, betont sie und fügt an: „Jedes Jahr muss ich mich zudem für ein neues Stipendium über meine Noten empfehlen, die mindestens bei 3,0 im Schnitt liegen müssen.“
Dass sie zum Erreichen der guten Noten beste Voraussetzungen dank ihrer Ausbildung am BKB hat, weiß Tschamler genau: „Insbesondere von meinen Englisch-Leistungskurs habe ich enorm profitiert, aber auch mein Diff-Kurs Korrespondenz und Übersetzung hat seinen Teil dazu beigetragen, dass ich nicht nur diverse Sprachtests wie TOEFL und Co. gemeistert habe, sondern mich hier sofort super verständigen konnte.“ Auch die kaufmännischen Fächer des Wirtschaftsgymnasiums kommen ihr sehr zugute: „Meine guten BWL-, VWL- und Wirtschaftsinformatiknoten haben viele Pluspunkte im Bewerbungs- bzw. Stipendienverfahren gebracht.“ Ein Lieblingssatz ihrer ehemaligen BWL-Lehrerin Marion Knuth hat sich definitiv für Lea bewahrheitet: „Sie hat immer gesagt, dass man im BWL-Studium dank des Wirtschaftsgymnasiums enorme Vorteile haben wird, da vieles bekannt ist. Und so ist es auch: Obwohl ich ja kein Native Speaker bin, bekomme ich viele fachliche Nachfragen von Kommilitonen und kann super helfen.“
Mittlerweile ist Lea gänzlich in Miami angekommen. Sie lebt in einer Gastfamilie, die kleine aber hochmoderne Uni, der Strand und die Stadt gefallen ihr sehr. „Bestimmte Gegenden sollte man zwar meiden, insbesondere nachts“, beschreibt sie ihre Eindrücke. Auch die Hurrikans seien nicht zu unterschätzen – einmal musste ein Spiel sogar kurzfristig abgesagt werden und die ganze Mannschaft kam sicherheitshalber in einen Bunker. „Aber ansonsten ist alles super und – typisch amerikanisch – bigger: Supermärkte, Straßen, die Ausstattung der Universität“, schwärmt die Übersee-Studentin. Und wir vom BKB sagen: „Congratulations, Lea!“
Text: Stefan Weyers
Fotos: Lea Tschamler