
Schwester Gertrud, Schwester Beate und Schwester Karin in ihrem Garten (v.l.)
Ärztin und Ordensgründerin Anna Dengel übergab 1967 die Verantwortung für die Missionsärztlichen Schwestern an Jüngere. Dabei gab sie der nächsten Generation mit auf den Weg: „Ihr wisst um die Nöte der heutigen Zeit ebenso wie ich um die Nöte meiner Zeit wusste.“
Was vor über 50 Jahren den Schwestern ans Herz gelegt wurde, gilt für sie bis heute: Seit mittlerweile 100 Jahren reagieren die Missionsärztlichen Schwestern auf die Nöte ihrer Zeit. Mit ihrem Wirken möchten sie in der Welt „heilend präsent sein“.
Der runde Geburtstag wird mit einem Jubiläumsjahr groß gefeiert. Am 30. September 2024 wurde es in Ghana eröffnet. Darüber hinaus gibt es auch regionale Feiern, wie am Sonntag, 29. Juni, in Bottrop. In einer kleinen Kommunität leben die Schwestern hier seit 20 Jahren.
Den Jubiläumstag beginnen sie mit der Feier der Heiligen Messe in der St.-Cyriakus-Kirche. Im Anschluss laden sie am Kirchplatz unter anderem zu einem ruhrpott-typischen Imbiss sowie zur Begegnung im sogenannten Weltcafé ein. Schwestern und assoziierte Mitglieder berichten dort über ihre Arbeit an verschiedenen Einsatzorten des Ordens und möchten mit den Gästen darüber ins Gespräch kommen.
Rund 500 Frauen weltweit gehören der Ordensgemeinschaft an. Sie engagieren sich in verschiedenen Professionen in Afrika, Asien, Europa, Nord- und Südamerika. 28 von ihnen leben in Deutschland. In Bottrop bezogen vor 20 Jahren vier Schwestern das ehemalige Pfarrhaus der Heilig-Kreuz-Kirche an der Scharnhölzstraße. Heute sind sie mit Schwester Beate Harst (63), Schwester Karin Ripp (68) und Schwester Gertrud Dederichs (73) noch zu dritt dort. Zu ihnen gehören auch sieben Assoziierte Mitglieder aus Deutschland und den Niederlanden – also Menschen, die nicht dem Orden angehören, aber in enger Verbindung zu ihm stehen.
Begonnen mit dem Schwerpunkt auf körperlicher Heilung, setzt sich die Gemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern heutzutage für Heilung im umfänglichen Sinne ein. Das schließt auch die Suche nach Frieden, Gerechtigkeit und die Sorge nach der Schöpfung mit ein sowie eine besondere Aufmerksamkeit für die Nöte von Frauen und Kindern. „Wir erleben uns als Teil der Weltgemeinschaft und blicken aufs Ganze“, sagt Schwester Beate. Der Austausch untereinander, der Blick über den Tellerrand sei wichtig. Dabei seien sie sichbewusst, dass ihre Missionsprojekte vor allem durch Vernetzung mit weiteren Partner funktionierten.
„Das Haus Gottes unter den Menschen sein“ – so hatten sie ihren Auftrag zu Beginn ihrer Zeit in Bottrop formuliert, erklärt Schwester Karin. „Wir wollen mit den Menschen hier leben und ihnen begegnen“, ergänzt Schwester Beate. „Wir möchten für Menschen da sein, die auf der Suche sind und die sich verorten wollen.“ Weniger mit Worten als im Zuhören wollten sie mit ihnen das Potenzial entdecken, das Gott in jeden Menschen gelegt habe. Der Heilungsauftrag, der Schwerpunkt ihrer Spiritualität ist, sei von Anfang an Teil des Sendungsauftrags Jesu gewesen, so Schwester Karin.
Alle drei Schwestern waren in den vergangenen Jahren auch im Ausland tätig: Schwester Beate in Ghana, Schwester Karin und Schwester Gertrud in Kenia, Letztere auch in London und Chicago. Sie alle haben unterschiedliche Berufe gelernt. Schwester Beate ist Gemeindereferentin, Schwester Karin Ärztin und Schwester Gertrud Lehrerin und Sozialarbeiterin. Während Schwester Beate und Schwester Gertrud lange in der Krankenhausseelsorge tätig waren, arbeitet Schwester Karin seit zehn Jahren für das
Gesundheitsamt der Stadt Bottrop. Schwester Gertrud ist nun eigentlich „in Rente“. Doch immer noch ist sie mit im Leitungsteam der Gemeinschaft in den Niederlanden, außerdem in den Finanzgremien des Ordens mitverantwortlich. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt für Schwester Beate in der geistlichen Begleitung von Menschen auf ihrem Such- und Lebensweg, besonders auch in Krisenzeiten zum Beispiel in Abschieden und Trauer. Diese geistliche Arbeit möchte anknüpfen an die Suche von Menschen nach Orientierung und Sinn, aber auch nach Stille, Heilung und Gotteserfahrung. Sie bietet Exerzitien-Begleitung an, Kontemplation und Meditation, Pilgern für Frauen oder Tage der Achtsamkeit für Menschen in Trauer. Einmal im Monat lädt sie zum Abendgebet „Hoffnung tanken am Abend“ in der St.-Cyriakus-Kirche ein, ist außerdem Teil des „team exercitia“, das spirituelle Angebote von Hattingen aus vor Ort und in anderen Städten des Ruhrgebiets und darüber hinaus anbietet.
Die Missionsärztlichen Schwestern weltweit wissen sich einem ganzheitlichen Ansatz von Heilung verpflichtet. Sie sehen ihre Arbeit in allen Ländern als Antwort auf konkrete Nöte vor Ort – physische, seelische und auch spirituelle Nöte und begleiten die Menschen auf ihrer Suche nach ganzheitlicher Heilung. Weltweit bewegen sie die existienziellen Anliegen von Menschen wie Armut, Obdachlosigkeit, Frauenfragen oder mangelnde gesundheitliche Versorgung. Die weltweiten Kriege und die ökologische Krise machen immer mehr Menschen heimatlos und zu Flüchtlingen.
In all dem haben auch seelische und spirituelle Fragen von Menschen ihren Platz, was in Bottrop ein Schwerpunkt der Arbeit ist. Die Schwestern laden Menschen ein, an verschiedenen Formen ihres Gebetes teilzunehmen. Sie sind offen für die Fragen der Menschen, hören und sehen genau hin, was sie brauchen. Ganz im Sinne ihrer Ordensgründerin Anna Dengel, die einst sagte: „Wir müssen uns den Nöten anpassen, die Nöte werden sich nicht uns anpassen. Wir dürfen uns niemals scheuen, uns zu ändern falls nötig.“Ablauf der Jubiläumsfeier am Sonntag, 29. Juni in Bottrop:
11.15 Uhr: Eucharistiefeier in St. Cyriakus, mitgestaltet von Missionsärztlichen Schwestern und Assoziierten, dem Chor Cantamus unter Leitung von Regina Gahlen und Kantorin Ursula Kirchhoff
12.30 Uhr: Mittagsimbiss à la Ruhrpott in und um STÜCK.gut am Kirchplatz
13.15 Uhr: Begegnung im Weltcafé mit Schwestern und Assoziierten aus Ghana, Indien, Pakistan, Frankfurt, Berlin, Duisburg, Bottrop etc.; dazu gibt es Kaffee und Kuchen
14.30 Uhr: Gemeinsamer Abschluss mit einer Überraschung
Die Missionsärztlichen Schwestern bitten für das Programm nach der Heiligen Messe um Anmeldung an E-Mail b.harst@mms-de.org oder Telefon 02041-772454. Der Imbiss und das folgende Programm sind kostenlos. Die Missionsärztlichen Schwestern freuen sich allerdings über eine Spende für SonntagsSatt.
Weitere Informationen zu den Missionsärztlichen Schwestern, ihrer Geschichte und ihrem Wirken sowie zum Jubiläum auf www.missionsaerztliche-schwestern.org

Weitere Info: Anna Dengel
Die Missionsärztlichen Schwestern (Medical Mission Sisters) wurden am 30. September 1925 von der österreichischen Ärztin Dr. Anna Dengel in Washington/USA gegründet. Der frühe Tod ihrer Mutter motivierte sie, sich für eine medizinische Versorgung von Frauen in armen Ländern des globalen Südens einzusetzen. Aufgrund des kirchenrechtlichen Verbots medizinischer Tätigkeit durch Ordensleute verzichteten die Schwestern zunächst auf die Ablegung öffentlicher Gelübde, waren stattdessen eine „Pia Societas“ (fromme Gemeinschaft). 1936 erwirkte Anna Dengel eine Änderung des Kirchenrechts, woraufhin die Schwestern als Ordensfrauen den vollen medizinischen Dienst ausüben konnten. Am 15. August 1941 legten Anna Dengel und die ersten Schwestern ihre Ewigen Gelübde ab. Die Gemeinschaft wuchs schnell und eröffnete Krankenhäuser, Kliniken und Gesundheitsstationen weltweit.
In Deutschland leben Missionsärztliche Schwestern in Essen, Bottrop, Duisburg, Frankfurt und Berlin.
(c) Text/Foto: Propstei St. Cyriakus